Ganz viel Verkehr in der Kieler Ratsversammlung

Die Kieler Ratsversammlung hat im Juni zahlreiche verkehrspolitische Themen diskutiert und damit einige Weichen für die lokale Verkehrswende gestellt. Mit der Fortführung eines Bikesharing-Systems, gezielten Fahrpreisänderungen im ÖPNV und Überlegungen zu Elektromobilität und Flächennutzungen bekennt die ganze Kieler Politik sich so zur solidarischen Verkehrswende, einem der sozialdemokratischen Schlüsselprojekte für die soziale Stadt der Zukunft. Ziel dieses Vorhabens ist es, die Lebensqualität in unseren dicht besiedelten urbanen Räumen zu erhöhen und allen Menschen eine gleichwertige, selbstbestimmte Mobilität zu ermöglichen, unabhängig von Alter, Einkommen, Wohnlage oder körperlichen Voraussetzungen. Städtische Solidarität ist, dass alle bei der Wahrnehmung ihrer Grundbedürfnisse und Rechte auf Beweglichkeit und Teilhabe in der Gesellschaft anerkannt und unterstützt werden, statt im ungerechten Status-Quo zu verharren oder gar nur die Interessen derer sich durchsetzen zu lassen, deren Handlungsmacht ihnen im Zweifel auch Verkehrsteilnahme und gutes Leben unter Vermeidung des beschränkenden Umfelds ermöglichen würde. Zugleich ist dies endlich ein Beitrag des Verkehrssektors zum Klimaschutz, der erklärtes Ziel der SPD Kiel und der SPD-Bundestagsfraktion ist.

Sprottenflotte-Bikesharing

Das seit 2019 mit Hilfe von Bundesfördermitteln im Rahmen des “Sofortprogramms Saubere Luft” eingeführte Bikesharing-System Sprottenflotte hat sich bereits nach kurzer Zeit außerordentlich bewährt und trägt erkennbar zur Stärkung von Kiels Status als Fahrradstadt bei. Eine weitere Steigerung des Radverkehranteils liegt dabei im Interesse aller, führt sie doch zu weniger Stau, Lärm, Schmutz und entlastet Parkraum und Busse. Die Sprottenflotte trägt für die kurzen und spontanen Strecken sowie als Ergänzung zum ÖPNV hierzu positiv bei. Es ist daher richtig, dass die Verwaltung nun die Verlängerung des Anbietervertrages anstrebt und die Bereitstellung von jährlich 350.000 € im Haushalt durch die Ratsversammlung beantragt hat.

Mathias Stein mit dem nach ihm benannten Rad der Sprottenflotte, Foto: Jannis Neitzke-Movahedi, KielRegion

Ein weiterer Ausbau der Stationen im ganzen Stadtgebiet und der Region sowie die kostenfreien ersten 30 Minuten müssen für eine konstant hohe Attraktivität des Angebots fortgeführt werden. Es lohnt sich, hierfür eine doch immer noch vergleichsweise niedrige Summe in die Hand zu nehmen, die uns später viel höhere Kosten an anderen Stellen erspart. Ich bin sicher, dass unsere Ratsmitglieder dies genauso sehen werden. Für das Gelingen einer solidarischen Verkehrswende ist es erforderlich, dass nicht nur der Bund tätig wird, sondern auch die Kommunen dauerhaft bereit sind, ihrer Verantwortung für die Steigerung der örtlichen Lebensqualität auch finanziell nachzukommen.

Zusätzlich setze ich mich in Berlin auch weiterhin dafür ein, dass Städte, die hier eine Vorbildwirkung für den Klimaschutz und eine bessere Nutzung des öffentlichen Raumes übernehmen, mit weiteren Fördergeldern auch langfristig unterstützt werden, um der anfänglichen höheren Transformationskosten gerecht zu werden. (Drucksache 0461/2020, Tagesordnung Ö 10.12)

ÖPNV für jeden bezahlbar und gut finanziert

Ich begrüße den Beschluss der Kieler Ratsversammlung für einen leistungsstarken und attraktiven ÖPNV. Die Kieler Politik bekennt sich damit zur solidarischen Verkehrswende, einem der sozialdemokratischen Schlüsselprojekte für die soziale Stadt der Zukunft. Ziel dieses Vorhabens ist es, die Lebensqualität in unseren dicht besiedelten urbanen Räumen zu erhöhen und allen Menschen eine gleichwertige, selbstbestimmte Mobilität zu ermöglichen, unabhängig von Alter, Einkommen oder körperlichen Voraussetzungen.

Mathias Stein und KVG-Fahrer Herr Bethke

Der öffentliche Nahverkehr erschließt dabei entferntere Ziele, die nicht jede*r mit dem Fahrrad anstreben möchte und für alle Menschen, die nicht selbst ein Auto fahren können, weil sie sich das nicht leisten können, weil sie eine Behinderung haben oder weil sie noch minderjährig sind. Um vollständig am öffentlichen Leben teilhaben zu können, dürfen Fahrpreise für diese Menschen kein abschreckender Hinderungsgrund sein. Es ist daher absolut richtig, dass die Landeshauptstadt Kiel nun die Einführung eines 365€-Jahrestickets anstrebt für alle, die als Schüler*innen, Auszubildende, Freiwilligendienstleistende und Empfänger*innen von Sozialhilfe oder Altersrente über ein geringes Einkommen verfügen und in ihrer selbstständigen Beweglichkeit in der Stadt gestärkt werden sollen.

Bei, nicht nur in Folge der Corona-Pandemie, begrenzten Mitteln, ist es geboten, Fahrpreissenkungen auf Gruppen zu konzentrieren, die davon erheblich profitieren. Generelle Senkungen hingegen erzielen nachweislich keinen wesentlichen Fahrgastzahlenanstieg, entziehen jedoch dem System dringend benötigtes Geld zur Steigerung der Attraktivität für alle, also hohe Taktung, Pflege der Fahrzeuge, Modernisierung des Ticketings und faire Bezahlung des gesuchten Personals. Sie können daher nur bei gleichzeitiger Steigerung der Einnahmen an anderer Stelle, wie lokal durch Parkgebühren oder bundesweit durch Fahrzeug- oder Kraftstoffsteuern, angestrebt werden. (Drucksache 0377/2020, Tagesordnung Ö 9.8)

Parkraum und Elektromobilität zusammen planen

Die Themen Elektromobilität und die Verfügbarkeit von Parkflächen sollten künftig teilweise als Einheit behandelt werden, da sie so Synergien bilden können für schnelle Fortschritte der Verkehrswende. Wir benötigen eine Neuverteilung der knappen Flächen in unseren Städten sowie eine Änderung der Fahrzeugantriebe, um mehr Lebensqualität und Klimaschutz erreichen zu können.

In vielen Wohngebieten herrscht erheblicher „Parkdruck”, da die Zahl der privaten PKW kontinuierlich steigt, zugleich aber der vorhandene Straßenraum seit 100 Jahren identisch ist. Dadurch häufen sich Parkverstöße sowie die Inanspruchnahme von Gehwegen, die sowohl Rettungseinsätze und damit Menschenleben gefährden können als auch Menschen im Rollstuhl oder mit Kinderwagen täglich erheblich behindern, während zugleich nachts erhebliche Parkflächen auf Firmengrundstücken leerstehen. Mit einer Nutzung dieser Flächen für Anwohner*innen können die Unternehmen nicht nur zusätzliches Geld verdienen, sondern auch den Ausbau der Elektromobilität voranbringen.

Mit dem Bau von Ladesäulen, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Kiel, könnte die eigene Attraktivität durch eine kostenlose Strombereitstellung während der Geschäftszeiten für Besucher*innen und Beschäftigte erheblich gesteigert und ein Wettbewerbsvorteil erzielt werden. Außerhalb der Öffnungszeiten kann dann neben der Vermietung der Parkplätze selbst auch noch durch das E-Auto-Laden eine zusätzliche Einnahmequelle erschlossen werden. So eine Möglichkeit würde zahlreich in Anspruch genommen werden, ist doch die Bereitschaft zum Wechsel in die Elektromobilität groß, während jedoch die verlässlichen Lademöglichkeiten im Umfeld der eigenen Mietwohnung begrenzt sind und aktuell noch eine zurückhaltende Wirkung haben.
(Drucksache 0334/2020 bzw. Ö 10.11 und Drucksache 0324/2020 bzw. Ö 12.4)

Die Kanalfähre zwischen der Wik und Holtenau als schwimmender Rad- und Fußweg

Die Zeit der aktuellen „Adler I“-Fähre läuft ab. Die Stadtverwaltung und das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Kiel-Holtenau, übrigens mein früherer Arbeitsplatz, wollen gemeinsam einen Neubau planen, um so die Strecke für alle attraktiver zu machen, die mit dem Rad oder zu Fuß den Weg über die Brücke vermeiden wollen. (Drucksache 0487/2020 bzw. Tagesordnung Ö 12.15)