Mathias Stein an einer Straße vor einem Tempo 30 Schild § Foto: Olaf Bathke

Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten

Gestern hat die Kieler Ratsversammlung beschlossen, dass sich die Stadt Kiel der kommunalen Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten anschließt. Die Städte und Gemeinden fordern einen neuen straßenverkehrsrechtlichen Rahmen, der es ihnen ermöglicht, Tempo 30 als verkehrlich, sozial, ökologisch und baukulturell angemessene Höchstgeschwindigkeit dort anzuordnen, wo sie es für sinnvoll erachten – auch für ganze Straßenzüge im Hauptverkehrsstraßennetz und ggf. auch stadtweit als neue Regelhöchstgeschwindigkeit.

Ich werde mich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass wir dieser Forderung nachkommen. Denn damit mehr Menschen in Kiel Rad fahren wollen oder ihre Kinder zu Fuß zur Schule schicken, müssen wir die Verkehrssicherheit erhöhen. Als Verkehrspolitiker fühle ich mich der „Vision Zero“ verpflichtet: Das Ziel ist, dass es im Straßenverkehr keine Toten oder Schwerverletzten mehr gibt. Dies sollte Leitbild bei allen verkehrspolitischen Maßnahmen sein.

Bereits im Januar 2020 habe ich gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion mit einem Antrag im Deutschen Bundestag das Verkehrsministerium dazu aufgefordert, es den Kommunen freizustellen, innerorts die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 km/h für ganze Straßen unabhängig von besonderen Gefahrensituationen anzuordnen. Bisher ist es der Stadt rechtlich nur möglich, Tempo 30 in bestimmten Ausnahmefällen anzuordnen (vor Kindergärten und Pflegeheimen oder in Wohngebieten zum Beispiel).

Denn Geschwindigkeitsbegrenzungen sind eine wichtige Maßnahme für die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Wenn flächendeckend Tempo 30 herrscht, erhöht dies die Sicherheit für Radfahrerinnen und Fußgänger beträchtlich. Untersuchungen zeigen, dass in Tempo-30-Zonen etwa 40 Prozent weniger Unfälle passieren als in vergleichbaren Tempo-50-Bereichen. Grund dafür ist, dass bei geringerer Geschwindigkeit die Brems- und Anhaltewege kürzer sind. Kommt es doch zu einem Unfall, so sind die Verletzungsfolgen geringer. Prallt ein Fahrzeug mit 50 km/h mit einem Fußgänger zusammen, liegen die Überlebenschancen des Fußgängers nur bei etwa 30 Prozent. Ist das Auto hingegen mit 30 km/h unterwegs, so liegen die Überlebenschancen bei etwa 90 Prozent.

Wenn wir es schaffen, die Sicherheit für den Fuß- und Radverkehr zu erhöhen, erhöht dies vor allem die Mobilität von Kindern und älteren Menschen. Für mich als Sozialdemokrat ist das Thema Sicherheit im Straßenverkehr ein Herzensanliegen. Denn Mobilität bedeutet gesellschaftliche Teilhabe. Ich möchte, dass Kinder ihren Schulweg selbstständig bestreiten können und ältere Menschen sowie Menschen mit Behinderung die Straßen sicher kreuzen können. Und am Ende gilt natürlich: Fußgänger*innen sind wir alle – egal, ob wir aus dem Bus steigen oder auf dem Weg zu unserem Auto sind.