Wie gestalten wir unsere Stadt?
Als Bundestagsabgeordneter bin ich etwa jede zweite Woche in Berlin, besuche dort Sitzungen des Bundestags und erarbeite Anträge. Die restliche Zeit bin ich in Kiel, treffe viele Menschen und pflege den Austausch vor Ort. Aktuell habe ich mich mit meiner Kieler Landtagsabgeordneten Özlem Ünsal zum Gespräch getroffen. Sie ist Baupolitikerin, ich bin Verkehrspolitiker und gemeinsam beschäftigt uns die Frage: Wie wollen wir die Kieler Innenstadt weiter gestalten?
Mathias: Liebe Özlem, im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern merke ich immer wieder, dass vielen Menschen eine lebendige Kieler Innenstadt sehr am Herzen liegt. Doch viele Einzelhändler sind während der Corona-Pandemie in Schieflage geraten. Was muss passieren, damit unsere Innenstädte wieder an Strahlkraft gewinnen?
Özlem: Lieber Mathias, die Lage war schon vor Corona nicht einfach. Die Pandemie hat die Strukturprobleme der Innenstädte spürbar verschärft. Als Baupolitikerin habe ich mich deshalb im vergangenen Jahr erfolgreich für ein Landesentwicklungsprogramm für unsere Innenstädte in Höhe von 10 Millionen Euro im Nothilfeprogramm für Schleswig-Holstein eingesetzt. Aber dies kann nur der Anfang sein. Wir brauchen eine echte Trendwende in der Innenstadt: einen attraktiven Mix aus Handel und Wohnen, Arbeiten und Kultur, Gastronomie und Dienstleistungen. Ich will, dass unsere Kieler Innenstadt zur herausragenden Visitenkarte wird.
Mathias: Willst Du Deine Vorstellungen etwas näher beschreiben?
Özlem: Nicht allein der Konsum darf im Fokus stehen. Für uns als SPD ist wichtig, dass es auch kulturelle und soziale Angebote gibt sowie Erholungs- und Grünflächen. In Kiel sind wir auf einem guten Weg: Der Holstenfleet ist ein generationenübergreifender Treffpunkt geworden und war ein wichtiger Schritt für mehr Aufenthaltsqualität. Zudem halte ich es für entscheidend, dass das bezahlbare Wohnen und Kultur für alle in die Innenstädte zurückkehrt, damit dort wieder gesellschaftliches Leben stattfindet. Stadt, Land und Bund sind gemeinsam gefordert, dies politisch zu fördern. Beispielsweise müssen leerstehende Gebäude leichter für neue Zwecke umfunktioniert und bezahlbar angemietet werden können, damit wir die Funktionsvielfalt sicherstellen und Leerstand verhindern können.
Mathias: Ja, genau! Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir bereits in der vergangenen Wahlperiode erfolgreich für ein Gesetz gekämpft, das es den Kommunen ermöglicht, innerstädtische Objekte mit einem Vorkaufsrecht zu erwerben. Zudem brauchen wir weiterhin zielgenaue Förderprogramme für Investitionen in die Aufenthaltsqualität. Dass die Holstenbrücke von einer sanierungsbedürftigen Bushaltestelle zum Holstenfleet geworden ist, war nur durch die Städtebauförderung von Bund und Land möglich. Wichtig wird zudem sein, dass wir die Rahmenbedingungen für den lokalen Einzelhandel verbessern: Wir müssen für einen fairen Wettbewerb zwischen digitalen Großunternehmen und lokal verwurzelten Unternehmen sorgen.
Özlem: Wie blickst Du als Verkehrspolitiker auf die Kieler Innenstadtentwicklung?
Mathias; Eine kluge Verkehrspolitik spielt bei der Stadtentwicklung ebenfalls eine große Rolle. Jeder sollte die Innenstadt mit dem Verkehrsmittel seiner Wahl gut erreichen können. Doch auch in der Innenstadt selbst sollte jeder mobil sein können. Im Sommer bin ich durch die Holstenstraße einmal mit einem Rollstuhl gefahren, um zu erleben, wie sich das anfühlt. Mir ist bewusst geworden, dass wir für die Barrierefreiheit noch sehr viel tun müssen. An vielen Stellen sind Pflastersteine verbaut, die uneben und nur schwer befahrbar sind. Viele Läden erreicht man nur über eine Schwelle.
Özlem: Ich gebe Dir Recht! Auf Barrierefreiheit zu achten ist insbesondere unsere Aufgabe als Sozialdemokrat*innen. Am gesellschaftlichen Leben müssen alle teilhaben können.
Mathias: Vielen Dank für Deinen Einsatz, liebe Özlem. Gemeinsam können wir im Land und im Bund noch viel erreichen.