Meine Positionen zu Abrüstung, Rüstungsexporten und Flucht & Asyl
Die außenpolitischen Herausforderungen, mit denen sich Deutschland konfrontiert sieht, sind sehr komplex. Themen wie Abrüstung, Rüstungsexporte und Flucht & Asyl sind umstrittene und komplizierte Themenfelder, für dessen Verständnis viel Hintergrundwissen und der Zugang zu unabhängigen Informationen notwendig sind. Ich möchte in diesem Beitrag meine Positionen zu eben diesen Themen darlegen.
Abrüstung
Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt und Verhandlungen mit Russland und den USA
Als Mitglied des überfraktionellen Arbeitskreises Atomwaffenverbot im Deutschen Bundestag setze ich mich aus tiefster Überzeugung für eine atomwaffenfreie Welt und ein atomwaffenfreies Deutschland ein. Zu einer abrüstungspolitischen Offensive gehört für mich, dass bestehende Vereinbarungen über Rüstungskontrolle und Abrüstung gerettet sowie die Verpflichtungen aus dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) umgesetzt werden. Der Atomwaffenverbotsvertrag bringt eine weitere Dynamik in die Bemühungen für eine nuklearwaffenfreie Welt. Dabei erscheint es mir besonders wichtig, auf der europäischen Ebene eine einheitliche Position zu erarbeiten und dann gemeinsam mit den Atomwaffenstaaten zu einer verbindlichen Vereinbarung der Abrüstung zu kommen. Ganz konkret setzen wir Sozialdemokraten uns für den Beginn von Verhandlungen zwischen den USA und Russland zur verifizierbaren, vollständigen Abrüstung ein. Die weltweite Ächtung autonomer tödlicher Waffensysteme bleibt unser Ziel. Die SPD hat daran mit Bundesaußenminister Heiko Maas an der Spitze in den vergangenen Jahren u.a. während der Mitgliedschaft Deutschlands im VN-Sicherheitsrat sowie mit der „Stockholm-Initiative“ bereits intensiv gearbeitet. Als Sozialdemokrat halte ich am Ziel der weltweiten atomaren Abrüstung fest und werde mich weiter dafür einsetzen.
So ist und bleibt eine nuklearwaffenfreie Welt das langfristige Ziel sozialdemokratischer Außen- und Sicherheitspolitik. Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir dazu bereits im März 2020 einzelne Schritte skizziert, wie sich dieses Ziel erreichen lässt: Wir setzen uns ein für gemeinsame Positionen in Europa zur nuklearen Abrüstung und Rüstungskontrolle, zum Atomwaffen-Sperrvertrag und für Verhandlungen zwischen Russland und der NATO mit dem Ziel, zur verifizierbaren, vollständigen Abrüstung zu kommen und bei einem erfolgreichen Abschluss dieser Verhandlungen den Abzug der in Europa und in Deutschland stationierten Atomwaffen zu erreichen. Solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung im Strategischen Konzept der NATO eine Rolle spielen, hat Deutschland aber ein Interesse daran, an den strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben. Erfolgreiche Abrüstungsgespräche schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Nuklearwaffen.
Schutz für Soldat*innen durch den Einsatz von Drohnen und Ausrüstung statt Aufrüstung
Als Abgeordneter des Deutschen Bundestages, der die Einsätze unserer Parlamentsarmee namentlich beschließt, habe ich eine direkte Verantwortung für die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten. Die Bundeswehr vertritt die Ansicht, dass bewaffnete Drohnen nachweislich den Schutz der Soldatinnen und Soldaten verbessern, weshalb ich als Bundestagsabgeordneter ihnen diesen Schutz nicht vorenthalten will. Ich sehe es aber als meine Verpflichtung an, den Einsätzen der bewaffneten Drohnen bei der Bundeswehr ein enges Gerüst an Vorgaben zu geben. Dazu gehören u.a. die Einhaltung des Völkerrechts, die kategorische Ablehnung von vollautomatisierten Drohnen, die Erstellung und Offenlegung eines verbindlichen Einsatzkonzeptes für Drohnen, die Verortung des operativen Hauptquartiers mit den Kontroll- und Steuereinheiten für Drohnen im Einsatzland sowie größtmögliche Fürsorge und psychologische Begleitung für das Bediener- und Kontrollpersonal.
Ich bin außerdem der Meinung, dass es bei der Gestaltung des Rüstungsetats in Deutschland in erster Linie um Qualität, nicht um Quantität gehen sollte. Unsere Soldatinnen und Soldaten verdienen in den lebensgefährlichen Einsätzen für unser Land die bestmögliche Ausrüstung, das hat die Bundesregierung lange Zeit nicht garantieren können. Daher haben wir nach vielen Jahren des Sparens die Investitionen im Verteidigungshaushalt in dieser Legislaturperiode erhöht. Ausrüstung statt Aufrüstung – diesem Prinzip verpflichtet, haben wir wesentliche Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr vorangetrieben und setzen uns kontinuierlich für die Verbesserung der persönlichen Ausrüstung und sozialen Absicherung unserer Soldatinnen und Soldaten ein. Einsparungen lassen sich meiner Meinung nach durch die Bündelung europäischer Rüstungskooperation erzielen. Damit nutzen wir Synergien und verhindern unnötige Mehrausgaben. Souverän muss Europa auch neue Rüstungskontroll- und Abrüstungsinitiativen für den europäischen Kontinent entwickeln, um frühzeitig auf die Risiken neuer Technologien und gefährliche Entwicklungen im Cyberbereich oder im Weltraum reagieren zu können.
Rüstungsexportkontrolle
Einsatz für ein restriktives Rüstungsexportkontrollgesetz und ein Verbot für den Export von Kleinwaffen in Drittstaaten
Die SPD ist einer strengen Rüstungsexportpolitik verpflichtet. Rüstungsgüter sind keine normale Handelsware. Die Einhaltung der Menschenrechte, gute Regierungsführung und das Verbot, Waffen in Konfliktregionen zu liefern, sind für uns maßgeblich bei Ausfuhrgenehmigungen. Rüstungsexporte in Entwicklungsländer sind abzulehnen, weil sie die nachhaltige Entwicklung eines Landes gefährden. So haben wir es als Partei in unserem Grundsatzprogramm ausdrücklich festgelegt.
Wir wollen die rechtliche Verbindlichkeit der Vorgaben für den Export von Rüstungsgütern erhöhen und schlagen dafür die Verabschiedung eines Rüstungsexportgesetzes vor. Mit diesem Gesetz wollen wir die Entscheidungskriterien der politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, insbesondere die Menschenrechtslage, die Gefahr innerer Repression und die Verwicklung in einen bewaffneten Konflikt, sowohl im Außenwirtschaftsgesetz (AWG) als auch im Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) gesetzlich verankern. Kleinwaffen sollen grundsätzlich nicht mehr in Drittländer exportiert werden, Rüstungsexporte an Drittländer schränken wir massiv ein. Darüber hinaus wollen wir das Instrument der nachträglichen Kontrollen des Endverbleibs (Post-Shipment-Kontrollen) fortsetzen und auf jegliche Rüstungsexporte einschließlich militärischer Großgeräte ausweiten, da es sich bei Kleinwaffen bewährt hat. Die Regierung soll dem Parlament regelmäßig einen Post-Shipment-Bericht vorlegen.
Mit den Kleinwaffengrundsätzen von 2015 und der Verpflichtung im Koalitionsvertrag, grundsätzlich keine Kleinwaffen in Drittstaaten zu exportieren, haben wir bereits große Fortschritte bei der Ein-dämmung dieser Exporte erzielt. Auf diesen Erfolg wollen wir aufbauen und diese äußerst restriktive Genehmigungspraxis gegenüber Drittländern fortsetzen. Wir wollen uns im EU-Rahmen nachdrücklich dafür einsetzen, dass sich die EU-Definition von Kleinwaffen an der weitergehenden UN-Definition orientiert, damit zum Beispiel auch Pistolen und Scharfschützengewehre endlich in diese Kategorie aufgenommen werden. Als ersten Schritt sollte Deutschland diese beiden Waffen in die nationalen Kleinwaffengrundsätze aufnehmen.
Erhöhung der Kontrollfunktion durch den Bundestag und Herstellung von mehr Transparenz, auch auf EU-Ebene
Die SPD verfolgt bei der Rüstungsexportgenehmigung den Ansatz, die Kontrollfunktion des Deutschen Bundestages zu erhöhen und grundsätzlich mehr Transparenz herzustellen. Wir wollen die Berichtspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Parlament gesetzlich fixieren. Darüber hinaus sollen nach dem Vorbild Großbritanniens alle abschließenden Rüstungsexportgenehmigungen des Bundessicherheitsrates transparent im Internet veröffentlicht werden. Die parlamentarische Begleitung von Rüstungsexportentscheidungen wollen wir verbessern, indem die Bundesregierung neben den bisherigen Informationen gegenüber dem Parlament auch Auskunft geben soll, nach welchen Kriterien Genehmigungen des Bundesssicherheitsrats erteilt beziehungsweise versagt wurden.
Des Weiteren wollen wir Sozialdemokaten die Regelungslücke, die es deutschen Herstellern ermöglicht, über die Auslagerung von Rüstungsproduktionen ins Ausland die strengen Exportrichtlinien zu umgehen, durch eine Änderung der Außenwirtschaftsverordnung schließen.
Die SPD will und wird sich dafür einsetzen, dass wir uns mit unseren europäischen Partnern auf eine Verschärfung der EU-Rüstungsexportvereinbarungen verständigen. Für Staaten, die weder Mitglied der EU noch der NATO sind, ist eine Ratifizierung des Vertrags über Waffenhandel (ATT) und dessen konsequente Umsetzung zwingende Voraussetzung für jede Form der Rüstungskooperation.
Flucht und Asyl
Anwendung eines humanen Asylrechts und sofortiger Stopp der illegalen Zurückweisungen an den europäischen Außengrenzen
Meine Partei und auch ich persönlich stehen ganz klar hinter einem humanen Asylrecht. Die menschenunwürdigen Zustände in den Aufnahmelagern an den EU-Außengrenzen sind eine Schande für die gesamte EU. Das gilt auch für Deutschland als größter EU-Mitgliedsstaat. Wir haben uns während der gesamten Legislaturperiode dafür eingesetzt, mehr Geflüchtete von dort und anderswo bei uns aufzunehmen. Unsere Koalitionspartner aus der CDU/CSU haben diese Versuche jedoch beinahe komplett blockiert. Wir fordern eine tiefgreifende Reform des dysfunktionalen und unfairen europäischen Asylsystems, um eine nachhaltige Verbesserung der Situation für die Geflüchteten zu erreichen.
Eine gewaltsame Zurückweisung von Geflüchteten an den Außengrenzen verurteile ich als Sozialdemokrat aufs Schärfste. Die europäische Menschenrechtskonvention schreibt eindeutig vor, dass jeder Mensch das Recht hat, einen Antrag auf Asyl in der EU zu stellen. Die Verantwortung dafür darf allerdings nicht allein auf einzelne Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen (z.B. Griechenland) abgewälzt werden, wie es derzeit praktiziert wird. Die Wahrung der Menschenrechte ist eine gesamteuropäische Aufgabe, die nur durch alle Mitgliedstaaten gemeinsam bewältigt werden kann. Hier müssen wir zu einer neuen Vereinbarung zwischen den europäischen Ländern kommen. Unserer Überzeugung nach kann und muss auch Deutschland dabei einen größeren Beitrag leisten als bisher.
Überwachung der Aktivitäten der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex und Erneuerung des europäischen Asylrechts
Es gibt leider ernstzunehmende Hinweise darauf, dass auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex an illegalen Zurückweisungen an der griechischen EU-Außengrenze beteiligt war oder diese zumindest stillschweigend billigt. Diese Vorwürfe konnten auch durch den von meinen Kolleg*innen aus dem europäischen Parlament eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht ausgeräumt werden. Die Aktivitäten von Frontex müssen daher künftig genauer überwacht werden. Verstöße gegen europäisches oder internationales Recht müssen aufgedeckt, unterbunden und sanktioniert werden. Das gilt natürlich ebenfalls für die nationalen Grenzschutzbehörden.
Meiner Überzeugung nach brauchen wir eine umfassende Reform des in seiner derzeitigen Form dysfunktionalen europäischen Asylrechts. Das Ziel der SPD ist ein geordnetes, transparentes und faires Verfahren, an dem alle Mitgliedsländer einen fairen Beitrag leisten. Dafür haben wir uns auch während der Zeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 eingesetzt. Einzelne Mitgliedsstaaten wollen sich hier jedoch aus ihrer Verantwortung stehlen und blockieren eine Einigung. Solange die nicht erreicht wird, fordern wir, dass Deutschland sich an einer Zusammenarbeit aufnahmebereiter EU-Staaten („Koalition der Willigen“) beteiligt.
Konsequente Umsetzung der Aktion „Sicherer Hafen“ in den Städten und Gemeinden und des UN-Migrationspaktes
Es freut mich sehr, dass sich auch meine Heimatstadt Kiel seit 2018 zum sicheren Hafen erklärt hat. In Kiel und anderswo gäbe es Kapazitäten, um zusätzliche Geflüchtete aufzunehmen. Dafür ist bislang allerdings die Zustimmung des Bundesinnenministers erforderlich. Horst Seehofer (CSU) war es deshalb möglich, die Länder und Kommunen hier auszubremsen. Die SPD fordert daher eine Gesetzesänderung, die so eine anlasslose Blockade künftig verhindert. Wir unterstützen auch die Vertreter aus den SPD-regierten Bundesländern, die derzeit juristisch gegen den Bundesinnenminister vorgehen.
Für uns Sozialdemokraten ist Deutschland ganz klar ein Einwanderungsland. Wir fühlen uns dem UN-Migrationspakt verpflichtet und werden uns dafür einsetzen, ihn zusammen mit unseren Partnerländern umzusetzen. Dazu gehört es, bürokratische Hürden für die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland abzubauen und Bildungs- und Chancengerechtigkeit für alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft herzustellen. Viele der „illegalen“ Migrant*innen sind aus Deutschland nicht mehr wegzudenken, sie sind gut integriert und leisten wichtige Arbeit. Für diese Menschen fordern wir, den unwürdigen Zustand jahrelanger „Kettenduldungen“ zu beenden und ihnen eine dauerhafte Bleibeperspektive zu eröffnen.