Behindertenbeauftragter der Bundesregierung zu Gast in Kieler Einrichtungen: „Es muss eine Selbstverständlichkeit werden, Menschen mit Behinderungen einzustellen.“

Die Einschränkungen in der Corona-Pandemie haben Menschen mit Behinderungen ganz besonders getroffen. Einrichtungen wurden geschlossen und die soziale Betreuung fand zum Teil auf Distanz statt. Aus meiner Sicht brauchen wir eine Debatte darüber, wie wir in der Pandemie die Rechte von Menschen mit Behinderung stärker berücksichtigen. Schließlich gilt die UN-Behindertenrechtskonvention auch in Zeiten einer Pandemie. Vor diesem Hintergrund hatte ich den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen Jürgen Dusel am Mittwoch nach Kiel eingeladen, um uns gemeinsam mit Vertreter*innen der Geschäftsstelle der Brücke Schleswig-Holstein sowie mit Vertreter*innen der Stiftung Drachensee auszutauschen.



„Werkstätten sind für viele Menschen mit Behinderungen häufig die einzige Möglichkeit, am Arbeitsleben teilhaben zu können. Ich sehe mit großer Sorge, dass Jahr für Jahr immer mehr Menschen psychisch erkranken, ihren Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verlieren und anschließend in einer Werkstatt Beschäftigung finden. Für eine Übergangszeit kann das die richtige Lösung sein. Die Werkstatt darf aber für niemanden eine Einbahnstraße sein oder gar Endstation werden. Daher ist es wichtig, Menschen mit Behinderungen noch stärker dabei zu unterstützen, die vorhandenen inklusiven Instrumente zu nutzen“, erläuterte Jürgen Dusel.

Im Rahmen des Besuchs des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen kamen dabei nicht nur Vertreter*innen verschiedener Verbände, Organisationen und Einrichtungen zu Wort, vielmehr standen auch die betroffenen Menschen selbst im Mittelpunkt. So besichtigten Jürgen Dusel und ich mehrere Werkstattbetriebe der ,Starthilfe Kiel‘ wie den Fahrradladen und die Wäscherei sowie den Bereich Textilrecycling, um uns mit den Fachleiter*innen vor Ort auszutauschen und auch im weiteren Verlauf mit Mitarbeiter*innen der Werkstätten am Drachensee ins Gespräch zu kommen.

Gerade in einer Zeit, wo viele Betriebe beklagen, dass es zu wenig Fach- und Arbeitskräfte in Deutschland gibt, ist es unverständlich, dass die Talente und Fähigkeiten von behinderten Menschen zu wenig genutzt werden. Noch immer weigern sich ein Viertel der Betriebe mit über 20 Beschäftigten, schwerbehinderten Menschen einen Job anzubieten. Das muss sich dringend ändern. Es muss eine Selbstverständlichkeit werden, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Daher unterstütze ich die Forderung von Jürgen Dusel, in solchen Fällen die Ausgleichsabgabe erheblich zu erhöhen.