Champions-League statt sinnentleerte Bündelung

Nach den neuen Plänen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt sollen die Wasser- und Schifffahrtsämter Brunsbüttel und Kiel-Holtenau zusammengelegt werden. Was bedeutet dieses für den Nord-Ostsee-Kanal?

„Sinnvolle Bündelung“ so stand es kürzlich im Kommentar der Kieler Nachrichten. Die Kielerinnen und Kieler sollen nun nach jahrzehntelangen sinnlosen Reformbemühungen leuchtende Augen bekommen. Kiel würde Hauptsitz einer stolzen Kanalverwaltung werden. Geht es nach dem geschätzten Kommentator können schon bald neue Verwaltungsgebäude in der Wik bezogen werden. Wie schön wäre es, diesen Optimismus zu teilen.

Ich fürchte nur, mit der Realität hat dieses Bild nicht viel zu tun. Abgesehen von der Tatsache , dass die betroffenen Beschäftigten aus den Medien oft besser informiert werden als von den Planern dieser Reform, bleiben einige Brocken für eine blühende Entwicklung am Nord-Ostsee-Kanal im Weg. Was ist mit den angekündigten Stelleneinsparungen durch die Reform?
Sollte die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung nicht von 13.000 Beschäftigten auf weniger als 10.000 reduziert werden?

Kann der Kampf mit dem Sanierungsstau gewonnen werden oder muss weiter mit größeren Ausfällen der Schleusen gerechnet werden? Wann finden endlich die Grundsanierungen der Schleusenanlagen in Kiel und Brunsbüttel statt?

Der Stellenabbau in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung geht nicht nur am NOK munter weiter. Personalstellen werden benötigt für diverse bundesweite Bündelungsaufgaben ebenso wie für die Generaldirektion in Bonn oder der neuen Ministeriumsabteilung für digitale Infrastruktur. Vieles deutet daraufhin, dass hierfür wieder Stellen von Handwerker_innen, Techniker_innen und Ingenieure/-innen herhalten müssen.

Das sind nicht gerade die besten Bedingungen für eine „neue“ Verwaltungsstruktur am Kanal. Die Zielsetzung heißt dann: Personalabbau mit vorauseilenden Gehorsam. Dabei werden dann – ganz nebenbei – die Standorte Kiel, Rendsburg und Brunsbüttel sinnlos gegeneinander in Stellung gebracht. Es geht dann nur noch um Sieger und Besiegte. Wer darf, wem etwas sagen. Wer
wird „Koch“, wer „Kellner“. Ein zermürbendes Spiel um Zuständigkeit beginnt und wird vermutlich erst nach Jahren enden. Bei diesem Spiel gibt es eigentlich nur Verlierer. Denn der Patienten – eine marode Wasserstraße mit internationalen Potenzial – gerät nur allzu sehr in Vergessenheit.

Dieser Irrweg sollte nicht gegangen werden.

Das etwas verändert werden muss ist jedem klar, der mit dem NOK zu tun hat. Wie wäre es, sich an klare eindeutige Ziele zu orientieren und danach eine effiziente Verwaltungsstruktur aufzubauen. Der NOK muss 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr für die internationale Schifffahrt verfügbar sein, dieses ist eines der wesentlichen Ziele. Die anstehenden Investitions- und Sanierungsmaßnahmen zuverlässig, pünktlich und im geplanten Kostenrahmen zu realisieren, stellt ein weiteres Ziel dar. Keine Frage – das sind ehrgeizige Ziele. Aber für ein Land mit einer langen Tradition des Handwerks und der Ingenieurskunst angemessen. Es gilt, sich an der Champions League statt an die Kreisklasse zu orientieren. Die Beschäftigten am NOK haben das Potenzial dazu, es fehlen ihnen nur die materiellen, personellen Mittel und die richtigen Entscheidungen. Vielleicht denkt der Bundesverkehrsminister daran, wenn er das nächste Champions League Spiel einer bayrischen Mannschaft anschaut.

Ganz nebenbei könnte es auch hilfreich sein, ihm zu sagen: Schleswig-Holstein kann Champions League – allerdings zunächst nur beim Handball.